Wenn die Israeliten irgendwo ihr Lager aufschlugen, stellte Mose jedes Mal außerhalb des Lagers ein Zelt auf. Er nannte es: »Zelt der Begegnung«. Jeder Israelit, der den HERRN befragen wollte, musste dorthin gehen.
2. Mose 33,7 HFA
Mensch, wäre es toll, wenn es so ein Zelt bei uns geben würde, einfach vor der dem Dorf, in dem ich wohne. Immer wenn ich einen Rat benötigte, dann ginge ich dorthin und befragte Gott. Hatten die Israeliten es gut!
Vielleicht denkst du dir jetzt, wir haben es doch viel besser: Gott hat uns doch den Heiligen Geist geschenkt. Wir sind das Zelt der Begegnung. Wir müssen nicht mal vors Haus gehen – ganz ohne Warteschlangen. Wo ist dein Problem?
Prinzipiell stimme ich dir zu. Ich finde aber, das Zelt ist irgendwie greifbarer – konkreter. Ich sehe es und ich weiß: Dort ist Gott! Hier bekomme ich auf jeden Fall eine Antwort von ihm.
Für mich ist es nicht immer leicht, die Antworten von Gott zu hören und darüber hinaus klar zu erkennen, dass sie auch wirklich von ihm kommen. Das liegt wohl auch daran, dass ich über viele Jahre nicht wirklich ernsthaft versucht habe, auf ihn zu hören! Mir fehlte schlichtweg die Übung. Meine Gebete waren eher ein Monolog: Danke Herr für dies und das. Bitte Herr für dieses und jenes. Hilf mir! Du bist übrigens großartig. Amen. Natürlich alles garniert mit vielen Worten; ich habe manchmal regelrecht Phrasen gedroschen – vor allem bei gemeinsamen Gebeten mit anderen. Da war ich um besonders salbungsvolle Worte bemüht.
Im Kern war es so, wie wenn dir jemand ein Ohr abquatscht, oder vielleicht sogar beide. Du kommst gar nicht zu Wort, weil dein Gegenüber ohne Punkt und Komma redet. Du wartest eigentlich nur auf eine Chance, auch etwas zu sagen und hörst gar nicht mehr richtig zu. Die ersehnte Pause kommt aber nicht. Die Worte rauschen wie ein ICE durch deine Ohren – ohne Haltestation im Hirn. Am Ende schaut die Person erschrocken auf die Uhr, bemerkt gehetzt, dass sie jetzt weitermuss und bedankt sich für das tolle Gespräch.
Du hättest vielleicht einen guten Rat oder wichtigen Hinweis für deinen Gesprächspartner gehabt. Vielleicht wolltest du noch eine Frage stelle, um etwas besser zu verstehen oder Empathie und Mitgefühl schenken. Leider ist das nicht mehr möglich. Ich hätte auf jeden Fall keine große Lust mehr, mich mit dieser Person wieder zu unterhalten.
So war und ist das auch heute noch manchmal mit meiner Kommunikation mit Gott. Ich rede und rede und sage dann noch schnell Amen und Tschüss. Ich gehe sozusagen gar nicht ins Zelt, sondern stehe davor, rede gegen die Zeltwand und dreh anschließend um und verschwinde wieder. Vielleicht hat mich die Meinung von Gott manchmal auch wirklich gar nicht richtig interessiert!
Meine Frau hat mich dann auf die glorreiche Idee gebracht, einfach mal auf Gott zu hören. Den Heiligen Geist zu bitten, meinen Geist zur Ruhe zu bringen und einfach nur zu hören. Das war völlig ungewohnt für mich. Jetzt war ich schon so lange Christ und hatte mir nie wirklich richtig Zeit genommen, auf ihn zu hören; traurig aber wahr!
Eines ist sicher: Gott ist kommunikativ. Er will mit uns reden und hat uns so viel zu sagen. Die ganze Bibel ist ein einziges Zeugnis dessen, dass Gott mit uns redet. Er ging sogar soweit, dass er Mensch wurde und ganz persönlich kommunizierte. Er hat es nicht mehr auf ein paar Propheten beschränkt oder auf irgendwelche mönchische Eremiten in einer Höhle in den Bergen, die sich durch stundenlange Kontemplation und Askese in einen Zustand versetzen, in dem sie Gott tatsächlich hören können. Fern von jeder Versuchung durch Netflix oder Prime. Es ist auch kein ausschließliches Vorrecht der Apostel in biblischen Zeiten, damit sie die Briefe an die Gemeinden schreiben konnten. Nein, Gott will heute, jetzt gerade, mit dir sprechen!
Das hat allerdings einen kleinen Haken. Wenn du dich jetzt ganz motiviert durch meine Worte hinsetzen solltest und sagst: O.K. Gott, ich habe es kapiert. Sag mir bitte, was du zu sagen hast –, könnte es dir passieren, dass du gar nichts hörst. Oder du hörst unglaublich viel und hast keine Ahnung, welche der unzähligen Stimmen in deinem Kopf die von Gott ist. Es ist eher unwahrscheinlich (aber nicht unmöglich), dass Posaunen erschallen, du in gleißendes Licht getaucht wirst und die donnernde Stimme Gottes dir klare Weisung gibt.
Natürlich kann Gott das. Nichts ist ihm unmöglich – Paulus kann ein Lied davon singen. Doch Gott spricht in der Regel anders zu uns. Er will nicht, dass wir erschrecken oder gar denken, wir haben nicht mehr alle Tassen im Schrank. Er flüstert, weil er uns so nahe ist und spricht bewusst leise, damit wir uns zu ihm neigen und sehr aufmerksam zuhören.
Das kannst du übrigens selbst gut anwenden, wenn du dir von deinem Gegenüber besondere Aufmerksamkeit wünschst: Sprich leiser und sorge dafür, dass er sich zu dir neigt.
Als Gott mit Elia in 1. Könige 19 sprach, war er nicht in dem mächtigen Sturm, der Felsbrocken aus dem Berg herausriss. Er war nicht im Erdbeben, das alles erschütterte und auch nicht im verzehrenden Feuer. Nein! Erst als der ganze Krawall vorbei war und Ruhe einkehrte, hörte Elia ein leises Säuseln oder wie es in der Neuen evangelistischen Übersetzung heißt (Vers 12): Der Ton eines dahinschwebenden Schweigens. Da wusste Elia, dass Gott da war.
Tja, wie hören wir jetzt Gott im Ton eines dahinschwebenden Schweigens? Ich musste es einfach nochmal schreiben, weil es so cool klingt. Wenn du Lust hast, sag es mal in verschiedenen Betonungen vor dich hin. Es kling besonders, und ich kann die Bedeutung der Worte kaum erfassen.
Aber zurück zum Thema: Es erfordert eine gewisse Übung, Zeit und Ruhe, und dass wir Gott immer besser kennenlernen. Wir müssen lernen, seine Stimme aus den vielen anderen Stimmen in unserem Kopf herauszufiltern.
Wenn du jetzt die Augen schließt und auf Gott hören möchtest, kann es sein, dass du da so einiges oder auch gar nichts hörst. Vielleicht wachst du auch plötzlich von deinem ungewollten Powernap auf, weil dein Kopf kraftlos nach vorne gekippt ist.
Es ist auf jeden Fall hilfreich, sich vorher auf ihn einzustimmen: zu beten, um Vergebung zu bitten, Worship zu machen oder zu hören.
Dann solltest du dir Zeit lassen. Also nicht innerlich sagen: So Gott, ich hab‘ jetzt noch 5 Minuten Zeit, dann muss ich weg. Also, schieß los. So funktioniert das nicht!
Es wird auch schwierig, wenn um dich herum die größte Party des Jahres steigt, der Bauarbeiter vor deinem Fenster die Straße mit dem Presslufthammer malträtiert oder deine Kinder sich gerade mal wieder streiten, weil irgendwas total unfair war. Du brauchst Ruhe und Zeit, um dich auf Gott einzuschwingen, die Verbindung zu ihm aufzubauen, ihm Raum zu lassen, damit sich der göttliche Kommunikationskanal öffnet. Bitte Gott zu dir zu sprechen und deinen Geist zu beruhigen.
Es ist auch wahrscheinlich, dass plötzlich allerlei Störungen auftreten, denn der Teufel, will ums Verrecken nicht, dass du auf Gott hörst! Das ist nicht gut für ihn.
Vielleicht ist es auch ganz hilfreich, dir vor Augen zu führen, in welchen Punkten und bei welchen Anliegen du gerne Gottes Weisung hören möchtest. Das heißt aber nicht automatisch, dass du diesbezüglich auch etwas hörst. Ich hatte einmal vormittags etwas Zeit für mich. Meine Frau und meine Kinder waren in der Schule, und ich hatte einen freien Tag. Ein perfekter Augenblick, um Zeit mit Gott zu verbringen und auf ihn zu hören.
In der freudigen Erwartungshaltung, heute irgend etwas zu vernehmen, das mich bei meinen grundsätzlichen Lebensfragen weiterbringen würde, setzte ich mich hin und wurde ruhig – horchte in mich hinein zu Gott hin. Ziemlich schnell formten sich folgende klare Worte in meinem Kopf: „Ruf deine Mutter an.„
What? Die Motivation, meine Mutter anzurufen, ging gegen null. Sie hatte mir in unserem letzten Telefonat dermaßen einen vor den Latz geknallt – wie Mütter das manchmal so empathiefrei machen –, dass ich innerlich noch etwas Groll gegen sie hegte. Ehrlich gesagt, etwas viel Groll, wie mir im Nachgang bewusstwurde.
Ich antwortete: „Ich habe aber gar keine Lust sie anzurufen. Eigentlich sollte sie anrufen und sich gefälligst bei mir entschuldigen!“ „Ruf sie an und sag, dass du sie lieb hast“, hörte ich dann umgehend. „Aber ich fühl das gerade überhaupt nicht.“ „Egal, ruf sie an!“
Ich wusste genau, dass das Hören hiermit beendet war. Nach innerem Ringen fügte ich mich wiederwillig und wählte etwas trotzig die Nummer meiner Mutter. Es war kein alles veränderndes Sternstundengespräch, trotzdem war es ganz gut, und wir haben lange telefoniert. Sie war ziemlich offen, und es ergab sich sogar die Gelegenheit ihr zu sagen, dass ich sie lieb habe. Auch wenn es mir schwerfiel! Als ich den Hörer aufgelegt hatte, sagte ich halblaut in den Raum: „Und? Bist du zufrieden?“ Ich meine gehört zu haben: „Das hast du gut gemacht!“ Und ich könnte schwören, die Worte wurden mit einem Lächeln gesprochen.
Es war schon interessant. Ich hatte überhaupt keinen Bock gehabt, meine Mutter anzurufen, hatte die Tage davor keinen Gedanken an sie verschwendet. Aber Gott sind nun einmal Versöhnung und heile Beziehungen wichtig. Außerdem findet er Stolz überhaupt nicht gut.
So kann es dir gehen, wenn du auf Gott hörst. Es kommt nicht immer das, was du erwartest oder dir wünschst. Und oft heißt es, warten und geduldig sein.
Möglicherweise sollst du an einer Zusage aus der Vergangenheit festhalten, bis wieder eine neue kommt. Das war bei mir so, als ich ihn fragte, wie ich mich gegenüber meiner Frau verhalten soll. Welches der nächste Schritt ist. Gott hatte mir folgende Worte geschenkt: Vertrau mir. Überlass es mir. Liebe deine Kinder. Liebe deine Frau. Friede sei mit dir. Ich bin. Das hat mir geholfen, geduldig zu bleiben und mir eine klare Richtung gewiesen. An solchen kraftvollen Zusagen kannst du dich festhalten, aufrichten und ausrichten – vor allem in Zeiten, in denen es schwierig wird.
Ja, Gottes Reden bring dich auch aus deiner Komfortzone und manchmal kostet es dich einige Überwindung, weil du Dinge überwinden musst; Trägheit, Angst, vermeintliche Sicherheiten, Stolz, Ego, um nur einige zu nennen. Gottes Worte sind ein entscheidender Ansporn durchzuhalten.
Was sicher ist: Gott will mit dir kommunizieren und wird es tun, wenn du seine Nähe suchst (Jakobus 4,8). Dabei ist es unerlässlich, ihn immer besser kennenzulernen und dadurch seine Stimme klarer zu hören. Wie mache ich das?Indem ich die Bibel immer besser verstehen lerne. Gott wird nie etwas zu dir sagen, was seinem Wort widerspricht.
Hast du gewusst, dass Schafe nur auf die Stimme ihres Schäfers reagieren? Du kannst an der Schafweide stehen und locken, dir die Seele aus dem Leib schreien oder sonstige schräge Laute von dir geben, die Schafe werden nicht kommen. Ruft aber der Schäfer, kommen alle blökend dahergelaufen. Steht übrigens auch in Johannes 10,27: Meine Schafe hören auf meine Stimme. Ich kenne sie und sie folgen mir. Also, wenn du ein Schaf Gottes sein willst – Jünger hört sich irgendwie besser an –, dann kennst du auch seine Stimme und hörst auf sie.
Gott spricht auf vielfältige Weise zu uns, nicht nur im Gebet. Ich bekomme oft Impulse, wenn ich in der Bibel lesen. Es sind meistens sehr klare Gedanken, die ich plötzlich habe. Während ich meine Texte schreibe, kommen mir ständig neue Ideen für weitere Blogbeiträge. Keine Ahnung, wann das aufhört.
Der Heilige Geist hat auf jeden Fall nie eine Schreibblockade. Er lässt die Worte in der Bibel zu dir sprechen und macht sie lebendig für dich. Er kann dir massenhafte „Wow-“ und „Aha-Momente“ schenken. Bibellesen ist Gebet. Es ist der Teil des Gebets, in dem Gott mit dir kommuniziert.
Er spricht auch durch Menschen mit dir. Manchmal bekommst du den ersehnten Impuls durch eine Predigt, in einem Gespräch, durch einen Blogbeitrag oder in einem Buch. Hoffentlich auch durch meine Texte.
Ich habe tolle Erfahrungen damit gemacht, gemeinsam mit meiner Frau auf Gott zu hören. Es immer spannend und erfrischend, sich danach auszutauschen; und wir haben hilfreiche Impulse für herausfordernde Themen bekommen. Oft hat sich das von uns beiden gehörte ergänzt und wir konnten es auch zusammen deuten. Das hat uns sehr verbunden und uns gemeinsam vorangebracht.
Manche Menschen haben ein prophetisches Wort für dich. Eine Freundin von mir sah einmal die zukünftige Frau eines jungen Mannes, der Gott verzweifelt um eine Frau gebeten hatte. Die Gewissheit, dass Gott jetzt schon jemand Konkretes für ihn vorgesehen hatte, war eine große Entlastung für ihn. Er konnte sich dann wieder voll auf sein Studium in der Bibelschule konzentrieren.
Gott spricht in der Bibel viel durch Träume zu den Menschen und tut das auch heute noch. Er spricht durch soziale Medien, YouTube-Videos und Filme; soll dir jetzt aber keine Ausrede liefern, ständig online zu sein. Er hat unendlich viele Möglichkeiten, und dies waren nur ein paar Beispiele aus meinem eingeschränkten Spektrum. Gott ist unfassbar vielfältig, und genauso kommuniziert er mit uns, zu jedem wie er es braucht.
Also, fang einfach an, auf Gott zu hören, wenn du es nicht schon längst tust. Sperr täglich deine geistlichen Ohren auf. Weniger selber machen, weniger plappern, mehr auf ihn hören und wie Samuel sagen: Sprich nur, ich höre. Ich will tun, was du sagst! (1. Samuel 3,10). Ich verspreche dir, es wird ein Abenteuer und dein Leben unglaublich bereichern. Es erfordert allerdings auch Mut!