Was will er bloß von mir?

Was will er bloß von mir?

Wenn es jemandem von euch an Weisheit mangelt zu entscheiden, was in einer bestimmten Angelegenheit zu tun ist, soll er Gott darum bitten, und Gott wird sie ihm geben. Ihr wisst doch, dass er niemandem sein Unvermögen vorwirft und dass er jeden reich beschenkt. Jakobus 1,5

Triffst du gerne Entscheidungen? Fällt es dir leicht oder tust du dich damit eher schwer? Es ist ein wichtiger Aufgabenbestandteil vieler Leitungsfunktionen, natürlich auch deiner spirituellen Leiterschaft in der Gemeinde oder in deiner Familie. 

Ich entscheide gerne und schnell und habe gelernt, auch Entscheidungen über Sachverhalte zu treffen, die ich nicht ganz übersehen kann, oder über die nicht viele Informationen vorliegen. 
Es schafft Sicherheit – eine Basis für den nächsten Schritt, einen Punkt, der einen neuen Satz ermöglicht. Es ist etwas sehr Männliches, finde ich. Manchmal entscheide ich bewusst nicht, um zu schauen, ob sich die Sache nicht von selbst regelt. 

Grundsätzlich finde ich es besser, das Risiko, eine falsche Entscheidung zu treffen, in Kauf zu nehmen, als nicht zu entscheiden; nicht zu entscheiden lähmt, es hindert dich am Handeln. Nichts ist langweiliger als ein Unentschieden, nicht warm und nicht kalt, lau und unbefriedigend eben. 

In meinem bisherigen beruflichen Werdegang war einer der energieraubensten Aufgaben die Gremienarbeit. Bis manche Gremien sich zu Entscheidungen durchringen, kann das sehr lange dauern; alles ist schon gesagt, nur nicht von allen. Und wenn man sich endlich entschieden hat, dann kommt irgendjemand und hat etwas dagegen, und alles wird neu diskutiert oder gar ein fauler Kompromiss eingegangen. Das kann sehr frustrierend sein. Oft bin ich in solchen Sitzungen nur dabei gewesen, um Schlimmeres zu verhindern, und nicht um eine Sache voranzubringen. Ich mag keine Gremienarbeit.

Wenn du entscheidest, übernimmst du Verantwortung. Das ist ein großes Problem! Nur wenige wollen Verantwortung übernehmen, deshalb dauern bürokratische Prozesse häufig so lange. Man sichert sich auf allen Ebenen ab, damit einem ja niemand einen Fehler nachweisen oder gar die Schuld geben kann. Viele Verwaltungen beschäftigen sich viel damit, nachzuweisen, dass sie nicht zuständig sind, sich abzusichern oder jemanden zu finden, der den Kopf hinhält; Hauptsache man muss es nicht selbst tun. So kann man seine Lebenszeit verschwenden, ohne jegliche Wertschöpfung für irgendjemanden erzielt zu haben. Ist ja auch irgendwie nachvollziehbar; Fehler sind böse, wer einen macht wird in irgendeiner Form bestraft, deshalb darf man ja keine Fehler machen oder sich zumindest nicht dabei erwischen zu lassen. Aus diesem Grund sind Entscheidungen zu vermeiden, vor allem, wenn es nicht klar und deutlich im Gesetzestext geregelt ist. 

Dabei sind Fehler ein großes Lernfeld, und ich bin der Meinung, dass es eigentlich erst zu einem Fehler wird, wenn man nichts daraus lernt. Ohne eine gesunde Fehlerkultur werden wir die zukünftigen Herausforderungen einer komplexen Welt wohl nicht meistern können, aber das ist ein anderes Thema. 

Ich habe immer dafür gesorgt, Entscheidungsspielräume zu haben, damit ich handlungsfähig bleibe. Lieber entscheiden als fragen, das geht schneller. Der Vorteil bei vielen Entscheidungen ist, dass man sie in vielen Fällen auch wieder revidieren kann. Bei denen, die man nicht so leicht rückgängig machen oder verändern kann, hole ich gerne mehr Menschen ins Boot; eine produktive Gruppe ist einfach cleverer als ein Einzelner – das nennt man Schwarmintelligenz. Trotzdem muss einer am Ende eine Entscheidung treffen und dafür geradestehen. Wenn eine Gruppe das mitträgt und ebenfalls Verantwortung übernimmt, ist das umso besser. Empfindlich werde ich, wenn jemand seine Entscheidungen aus seinem Verantwortungsbereich an mich abdrücken will, dann werde ich ausgenutzt. Da verweigere ich mich standhaft und nachdrücklich! 

Die Fähigkeit, Entscheidungen zu treffen, und die Stärke, Verantwortung zu übernehmen, ist für mich eine große Versuchung, weil ich der Illusion verfalle, dass ich Gott dabei eigentlich nicht brauche – ich kann es doch selbst. Möglicherweise ist das bei dir auch anders herum; dir fällt es vielleicht schwer Entscheidungen zu treffen: Du drückst dich davor und willst keine Verantwortung übernehmen, wartest lieber, dass es ein anderer tut. Das sind die zwei Seiten einer Medaille. 

Wir dürfen Entscheidungen treffen, das ist ein großes und „risikoreiches“ Geschenk Gottes. Er hat uns unseren freien Willen gegeben, und indem wir uns für Jesus entscheiden, geben wir diesen nicht einfach bei Gott ab. Im Gegenteil! Das ist eine große Herausforderung an uns: Wir sollen ihm aus freiem Willen folgen und gehorchen, und nicht weil wir eine Strafe befürchten müssen – das hat Jesus am Kreuz ein für alle Mal erledigt –, sondern weil wir es gerne von Herzen tun wollen. Das nennt man Gehorsam. Gottes Reich ist keine Demokratie – es ist ein Königreich, und wir dürfen Königskinder sein.

Ich stolperte lustig durch mein Leben und habe auch so meine Entscheidungen getroffen. Übrigens sehr „biblisch“ wie wir in Sprüche 4,18-19 lesen: „Ihr Leben ist finster wie die Nacht, im Dunkeln tappen sie umher; und wenn sie fallen, wissen sie nicht einmal, worüber sie gestolpert sind. Wer aber Gott gehorcht, dessen Leben gleicht einem Sonnenaufgang: Es wird heller und heller, bis es lichter Tag geworden ist.“ Klar fragte ich auch Gott – irgendwie. Meist nach der „Offenen-Türen-Methode“, nach dem Motto: Herr ich gehe jetzt durch diese Tür, wenn du es nicht willst, dann hau sie mir bitte vor der Nase zu! Ob das immer weise war und stets die Tür, durch die ich gehen sollte? Oft hatte ich die Tür in meinem Herzen schon längst durchschritten und sicherte mich nur noch bei Gott ab, damit ich am Ende nicht noch selbst schuld wäre. 

Ab da wurde es dann aber wirklich „tricky“. Mir ist leider nicht wirklich klar, was Gott eigentlich von mir will. Die grobe Linie prinzipiell schon, aber was will er in meiner konkreten Lebenssituation heute? In meiner ganz persönlichen Krise, in der ich gerade stecke? Was machen wir mit unserer „halblebigen“ Ehe? Auf welche Schule sollen unsere Kinder gehen? Soll ich in dem frustrierenden Job bleiben? Ist es dran, das Haus zu bauen? Dazu steht leider nichts direkt in der Bibel.

Die Vielschichtigkeit der Problemstellungen lässt enormen Interpretationsspielraum. Je nachdem, wen ich frage, kann ich (biblisch begründet) ganz verschiedene Empfehlungen erhalten, und ich werde immer einen professionellen Geistlichen finden, der theologisch das untermauert, was ich eigentlich will.

Die Entscheidungstabelle mit Vor- und Nachteilen hilft uns auch nicht unbedingt weiter oder verwirrt eher, auch wenn man ein ausgefeiltes Gewichtungssystem für die einzelnen Entscheidungsaspekte entwickelt. Du hörst viele Argumente von deinen Mitmenschen, die einen sprechen dafür und die anderen dagegen. Die menschliche Weisheit verwirrt häufig und schafft keine göttliche Klarheit. Es gibt viele, die dich mit ihrem „Rat schlagen“, meist suchen wir uns unbewusst auch die Ratgeber, die zu unserer Meinung am besten passen. 
Aber was will Gott bloß von mir?

Ich finde die Bibelstelle Jakobus 1,5 sehr tröstlich und lebenspraktisch: Wenn es dir an Weisheit in einer Sache mangelt, dann bitte Gott darumer gibt dir gerne und macht dir deine Beschränktheit nicht zum Vorwurf. Also, als erstes heißt es wieder mal beten: Herr, schenke mir Weisheit! Bitte um genau das Gleiche wie Salomo: Ein Herz, das Recht und Unrecht und Gut  und Böse unterscheiden kann (vgl. 1. Könige 3,8-9). Das geht im seltensten Fall auf einen Schlag, es ist eher ein Prozess. 

Je besser deine Verbindung zu Jesus ist, desto besser kannst du Gottes Willen erkennen, also ist auch hier geistliche Übung angesagt: Gebet – in den Schätzen der Bibel wühlen – ein Rat von Johannes 15,5-Christen (die voll im Saft des Weinstocks stehen) – und nicht zu vergessen, der Telefonjoker: der Heilige Geist. In 1. Korinther 2,14-16 steht, dass nur durch Gottes Geist sich uns Gottes Geheimnisse erschließen; der Mensch, der von Gottes Geist erfüllt ist, kann alles beurteilen – durch den Heiligen Geist können wir Gottes Gedanken verstehen. Bingo!

Die Weisheit ist Gottes Liebling, er schuf sie vor allen anderen Werken (vgl. Sprüche 8,22). Der Heilige Geist ist Weisheit! Wir haben also in uns einen direkten Zugang zur Weisheit Gottes. Um von dieser Weisheit zu profitieren, sollten wir dem Heiligen Geist immer mehr Raum in unserem Leben einräumen; unser eigenes Ego muss kleiner werden. 

Das geht nicht von heute auf morgen, und jeden Tag ist unser Ego aufs Neue bemüht, altes Terrain wieder zurückzuerobern. Um Gottes Willen zu erkennen, ist es notwendig, sein Wort immer besser zu verstehen. Manche Dinge sind sehr klar formuliert, wie beim Thema Ehescheidung. Bei anderen Themen lernst du Gott im Kontext der gesamten Bibel immer besser verstehen, wenn du in seinem Wort forschst und Sehnsucht nach seiner göttlichen Weisheit hast. Suche gezielt nach Antworten für deine Frage in der Bibel. Bitte den Heiligen Geist, dich zu leiten; pick dir nicht nur die Bibelstellen raus, die dir gerade passen.

Gott liebt dich sehr, er kann aber unbequem werden – liebevoll, aber bestimmt. Gottes Willen zu folgen, bringt dich in der Regel aus deiner Komfortzone, damit du ihm vertrauen lernst, um deinen Glauben zu stärken, und damit du am Ende nicht die Lorbeeren für dich selbst einheimst, sondern ihm die Ehre gibst.

Wie kannst du jetzt erkennen, ob deine Entscheidungen gut und gottgefällig sind? Als erstes ist wichtig, dass du Gott überhaupt gefragt hast und ernsthaft versuchst, auf ihn zu hören. Interessiert dich Gottes Meinung denn überhaupt? Wenn du das nicht machst, fehlt dir die Basis, um zu erfahren, ob deine Entscheidung nach Gottes Willen ist oder nicht – klingt irgendwie logisch. Du kannst dir folgende Fragen stellen:

  • Welche Frucht bringt deine Entscheidung, denn „an ihren Früchten werdet ihr sie erkennen“ (Matthäus 7,16).
  • Welche Folgen hat sie? Bringt sie dich Gott näher und ehrst du ihn damit? 
  • Entspricht sie Gottes Wesen und seiner Wahrheit, die du durch sein Wort und seinen Geist erkennen kannst?
  • Prüfe sie anhand des Doppelgebots der Liebe: Wird aufgrund deiner Entscheidung die Liebe zu deinen Mitmenschen und dir offenbar? Oder geht sie auf Kosten deines Nächsten? Eine Entfaltung zu Jesus hin geschieht niemals auf dem Rücken deiner Mitmenschen.
  • Nützt sie dir selbst und anderen?
  • Entsteht durch deine Entscheidung mehr Raum für Gott?
  • Mach die Galater 5,22-Probe: Erwächst daraus Liebe, Freude und Frieden; Geduld, Freundlichkeit und Güte, Treue, Nachsicht und Selbstbeherrschung – wachsen die Früchte des Geistes?
  • Hält deine Entscheidung dem ehrlichen und liebevollen Blick eines Glaubensbruders oder einer Glaubensschwester stand? Auch dem eines guten Ratgebers, der eine lebendige Jesusbeziehung und eine Ahnung von Gott hat? Oder tingelst du so lange durch die Lande, bis du jemanden gefunden hast, der liberal oder gleichgültig genug ist, um deine Entscheidung zu bestätigen?
  • Gott oder Ego? Galater 5,17 beschreibt es sehr gut: Denn eigensüchtig wie unsere menschliche Natur ist, will sie immer das Gegenteil von dem, was Gottes Geist will. Doch der Geist Gottes duldet unsere Selbstsucht nicht. Beide kämpfen gegeneinander, so dass ihr das Gute, das ihr doch eigentlich wollt, nicht ungehindert tun könnt. Also Frage dich: Entscheidest du dich gerade für das, was du willst, oder für das, was das Beste in Gottes Sinne ist? Du kannst mit Sicherheit davon ausgehen, dass es hier immer widerstreitende Tendenzen in dir geben wird, und eine falsche Entscheidung kann sich im ersten Moment (oder sogar noch länger) so gut anfühlen. 
  • Bevor du dich entscheidest, wende den Blick ab von dir. Denk bei dem, was du tust, nicht nur an dich. Denk vor allem an die anderen und daran, was für sie gut ist (vgl. 1. Korinther 10,24). Weg von deinem wunderschönen Spiegelbild und deiner Nabelschau, hin zu deinem Nächsten. 
  • Was braucht dein Umfeld, welche Bedürfnisse, welche Sorgen und Nöte gibt es bei deinen Nächsten und wo kannst du helfen? Dieser Blick ist niemals falsch, denn geben macht dich glücklicher als nehmen (vgl. Apg 20,35).
  • Ist deine Entscheidung von Furcht geprägt, bzw. entscheidest du dich für eine Alternative aus Angst? Dann ist es wohl nicht die klügste Entscheidung. Wirkliche Liebe ist frei von Angst. Ja, wenn Gottes vollkommene Liebe uns erfüllt, vertreibt sie sogar die Angst (1. Johannes 4,18). Die größte Furcht ist oft Menschenfurcht. Wir tun das Richtige häufig nicht, weil wir uns vor der Reaktion anderer Menschen fürchten. Bitte verwechsle das nicht mit Nächstenliebe, das sind zwei verschiedene Dinge. Menschenfurcht ist geprägt von ungesunden Abhängigkeiten, häufig mit der Angst verbunden, Anerkennung oder Zuneigung zu verlieren. Es kann sein, dass dich Menschen nicht mehr mögen oder wertschätzen, wenn du eine gottgefällige Entscheidung triffst. Das hat aber nichts mit Liebe zu tun, sondern eher mit Macht.
  • Verurteilst du deinen Nächsten durch deine Entscheidung, oder gleicht sie einem Freispruch? Denn manche Entscheidungen sind wie Urteile, sie verdammen, trennen und entfernen. 

Zu guter Letzt: Eine Entscheidung nach Gottes Willen widerspricht nie seinem Wort, denn: Gottes Wort ist voller Leben und Kraft. Es ist schärfer als die Klinge eines beidseitig geschliffenen Schwertes, dringt es doch bis in unser Innerstes, bis in unsere Seele und unseren Geist, und trifft uns tief in Mark und Bein. Dieses Wort ist ein unbestechlicher Richter über die Gedanken und geheimsten Wünsche unseres Herzens (Hebräer 4,12). 

Solltest du Zweifel haben, lass es lieber. Fang bitte nicht an, dir deine Entscheidung „schön-zu-interpretieren“ oder „zeitgeist-kompatibel-zu-theologisieren“, also Bibelstellen aus dem Kontext zu reißen, damit du eine Rechtfertigung hast.

Es liegt also in deiner Hand, Gott lässt dir Wahl: Aufblühen oder verwelken, Licht oder Finsternis, Segen oder Fluch, Leben oder Tod, God´s way or Highway to Hell, Befreiung oder Zerstörung. Wer klug ist, folgt dem Weg aufwärts zum Leben; er meidet den Weg hinab ins Verderben (Sprüche 15,24). Es bleibt dir überlassen! Du kannst dir sicher sein, eine Entscheidung, die Gottes Willen entspricht, gereicht dir und anderen zum Segen. 

Wenn dir nicht klar ist, was Gott jetzt gerade in deiner Situation von dir will, dann ist es gut zu warten, um Weisheit zu bitten und auf ihn zu hören. Ein blinder Aktionismus und Ungeduld sind da nicht hilfreich, das kann ich aus eigener Erfahrung sagen. 

Er wird dir die Antwort schenken, wenn du von ganzem Herzen nach ihm suchst. Versprochen!